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Mary Ruefle ist in Amerika eine sehr bekannte Schriftstellerin. Siebzehn Gedichtbände hat sie bisher veröffentlicht, zwei Prosabände und einen Comic, dazu einen Band mit Kurz-Vorlesungen. In Deutschland wird sie nun endlich entdeckt. Wir stellen sie vor mit Kurzvorlesungen und Prosaminiaturen.
Kurzvorlesung über Shakespeare: Man sagt, es seien keine Tatsachen über Shakespeare bekannt; denn wenn es sich um ein Pseudonym handelt, wie viele glauben, ist die Frage, wer das Bett gemacht hat, eine rein theoretische Angelegenheit. Und doch gibt es ein hartes Faktum über ihn: Am Anfang war Shakespeare ein Säugling und wusste rein gar nicht. Er konnte nicht einmal sprechen.
Mountville unter Zoom genommen: Wenn Sie sehr, sehr klein wären, kleiner als ein Kobold und kleiner als ein Zwerg oder eine Elfe, und wenn sie in einer Vagina lebten, dann gäbe es jedesmal, wenn ein Penis hereinkommt, eine Naturkatastrophe. Ihr Geschirr würde aus den Schränken fallen und zerbrechen, und die Möbel würden von einer Seite des Zimmers auf die andere rutschen. Die Aufräumarbeiten danach würden sehr lange dauern.
aus Die Pause: wenn du das hier liest und noch jung bist, verstehst du vielleicht das Leuchten in den Augen jeder Frau, die sechzig, siebzig, achtzig oder neunzig ist, sie kann dich nicht ernst nehmen (tut mir leid), denn du bist nur ein Mädchen für sie, trotz deiner Babys und Schuhe und Verliebtheiten und dergleichen. Du bist nur ein Mädchen, das Leben spielt.
Der Büchnerpreisträger Clemens J. Setz in der Literaturzeitschrift Schreibheft: „Was mich an Mary Ruefles gesamtem Werk so tief berührt, ist ihr von einer Poesie der offensichtlichen Tatsachen durchstrahltes, nie abreißendes Staunen über die Schöpfung.“
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